Die Junge CVP Schweiz zeigt sich besorgt ob der Ankündigung des Bundesrates, trotz bisheriger Zusicherungen nun doch keine Reassoziierung an das EU-Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport (Erasmus+) anzustreben. Stattdessen soll nach dem Willen des Bundesrates für weitere 3 Jahre die Übergangslösung gelten. Bei dieser Entscheidung spielten nach Aussage des Bundesrates vor allem auch finanzielle Interessen eine entscheidende Rolle.
Die Junge CVP Schweiz kritisiert den Entscheid des Bundesrates. Dieser widerspricht den bisherigen Zusicherungen und schafft für die Betroffenen, Universitäten, Fachhochschulen und Studierende, weitere Rechtsunsicherheit. Die JCVP Schweiz zeigt sich enttäuscht, dass der Bundesrat finanzielle Interessen höher gewichtet als die Bildungschancen junger Schweizerinnen und Schweizer. Damit verletzt der Bundesrat nicht nur ein Versprechen gegenüber jungen Schweizern in Ausbildung, sondern verstösst auch gegen ein Mandat zur Reassoziierung, welches ihm das Parlament bereits 2014 nach dem Ausscheiden der Schweiz aus dem Erasmus-Programm erteilt hat.
Die Übergangslösung ist für die Betroffenen unbefriedigend. Mit der aktuellen Übergangslösung müssen die Betroffenen jedes Jahr um die Erneuerung der Finanzierung bangen. Dies verhindert jegliche Planungssicherheit. Die Nachfrage nach Studienaustauschprogrammen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Doch mit der Übergangslösung ist die Zahl von Partneruniversitäten gesunken. Diese haben mangels gesichertem Status der Schweiz im Erasmus+-Programm keine Garantie bezüglich Kostenübernahme ihrer ausgehenden Studierenden. Gleichzeitig wurden an mehreren verbliebenen Destinationen die Platzzahl für Schweizer Mobilitätsstudierende massiv gesenkt.
Die Übergangslösung stellt vor allem für die Schweizer Bildungsinstitutionen eine Belastung dar. Sie müssen mit jeder Partnerinstitution in Europa ein eigenes bilaterales Abkommen abschliessen. Dies gestaltet sich in der Praxis teils schwierig aufgrund der mangelnden Vorhersehbarkeit der Geltungsdauer dieser Abkommen und offenen Fragen bei Finanzierung, Gültigkeit und Rechtssicherheit. Aufgrund der Ankündigung des Bundesrates im Herbst 2016 gingen die Schweizer Universitäten und Fachhochschulen von einer Vollassoziierung ab 2018 aus. Stattdessen müssen sie jetzt versuchen die tausenden von ausgehandelten Partnerschaftsabkommen noch einmal für weitere 3 Jahre zu verlängern.
Die Problematik der mangelnden Rechtssicherheit geht jedoch noch weiter. Auch für die Jahre nach 2020 kann der Bundesrat keine sichere Lösung versprechen. Eine Vollassoziierung an das Nachfolgeprogramm zu Erasmus+ ab 2021 will er vorerst nur prüfen. Damit ist für die Betroffenen allgemein unklar, was in Zukunft gelten soll. Eine Nicht-Assoziierung an Erasmus+ benachteiligt die Schweizer Hochschulen im europäischen Standortwettkampf jedoch langfristig. Mit der fehlenden Teilnahme der Schweiz an Erasmus+ von 2014 bis 2020 bleibt einer ganzen Generation von jungen Schweizerinnen und Schweizern die Vorteile des europäischen Bildungsprogramms verwehrt.
Mit dem Ausscheiden aus Erasmus haben Schweizer Hochschulen stark an Attraktivität sowohl als Mobilitätsdestination wie auch als Kooperationspartner verloren. Auf den Listen des europäischen Bildungsprogramms werden sie hierzu nicht länger aufgeführt. Finanzielle und thematische Beiträge von Schweizer Hochschulen tauchen somit nicht mehr innerhalb der Infrastrukturen von Erasmus+ auf. In jeder Phase der Übergangslösung müssten die Schweizer Hochschulen dies für jeden Beitrag mit jedem Partner selbst verhandeln.
Mit der mangelnden Assoziierung verschlechtert sich für den Schweizer Bildungsstandort jedoch nicht nur der Zugang zu Europa, sondern zum gesamten globalen Bildungsaustausch. Die Schweiz hat mit dem Ausscheiden aus Erasmus 2014 auch den Zugang zur Plattform „Capacity Building“ für internationale Partnerschaftsprogramme verloren. Die Übergangslösung des Bundesrates bietet in diesem Bereich keinerlei Kompensation.
Für die Studierenden bestehen für jeden Mobilitätsaufenthalt Unsicherheiten bezüglich Möglichkeiten und Bedingungen ihres Studienaufenthalts. Sicher ist jedoch, dass ihnen dabei weit weniger Möglichkeiten zur Verfügung stehen, als den anderen europäischen Mobilitätsstudierenden an den gleichen Destinationen. Die Mobilitätsstellen der Schweizer Hochschulen tragen dabei die doppelte Verantwortung, da sie sowohl für die eingehenden europäischen als auch die ausgehenden Schweizer Studierenden die alleinige Verantwortung tragen. Da die Schweiz kein Mitglied des Erasmus-Programms mehr ist, leisten andere europäische Staaten keine Erasmus+-Beiträge mehr für ausländische Mobilitätsstudierende, die in die Schweiz kommen.
Erasmus+ ist jedoch weit mehr als nur der Mobilitätsaustausch für Hochschulstudierende. Erasmus+ ist eine Plattform für Programme zum schulischen und ausserschulischen Austausch und der Lancierung von internationalen Projekten für Jugendliche, Lehrlinge, Schüler, Studierende, Forschende, Professoren und Jugendorganisationen. Erasmus+ deckt dabei ebenfalls die Erwachsenenbildung, Berufsbildung, obligatorische Schule und die Sekundarstufe II ab. Die Übergangslösung des Bundesrates trägt diesen Aspekten von Erasmus+ in keiner Weise Rechnung.
Neben den Schweizer Hochschulen sind auch die Schweizer Jugendverbände massiv vom Entscheid des Bundesrates betroffen. Mit dem Ausscheiden aus Erasmus 2014 verloren diese den Zugang zum europäischen Programm „Jugend in Aktion“. Die Übergangslösung bietet der ausserschulischen Jugendarbeit keine Kompensation und stellt die ehrenamtlichen Helfer in der ganzen Schweiz vor finanzielle und praktische Probleme. Ohne die Teilnahme an „Jugend in Aktion“ verlieren die Schweizer Jugendverbände den Zugang zu den Erasmus+-Netzwerken für europäische Jugendarbeit und damit jegliche Wahrnehmung in der europäischen Zusammenarbeit.
Dass Nicht-EU-Staaten Erasmus+-Partner sind, ist dabei keine Seltenheit, sondern gar die Regel. Da die Schweiz weiter am Drittstaat-Status festhält, fällt sie im Zugang zum europäischen Bildungsraum hinter Liechtenstein, Norwegen, Island, Mazedonien und die Türkei.
Zuletzt muss angemerkt werden, dass die Schweiz und ihre Hochschulen ohne Vollassoziierung auch keinen Einsitz in den Erasmus-Organen haben und somit auch nicht auf die aktuelle und künftige Entwicklung des Erasmus-Programms Einfluss nehmen können. Damit setzt sie sich selbst ins Abseits für künftige Verhandlungen mit der EU.
Die internationale Mobilität leistet einen wichtigen Beitrag in der Ausbildung junger Schweizerinnen und Schweizer. Sie ermöglicht es ihnen Fach- und Sprachkompetenzen über das Angebot Schweizer Hochschulen hinaus zu erwerben, stärkt ihre Selbständigkeit sowie ihre interkulturellen und Sozialkompetenzen und damit auch nachhaltig ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Mangels Vollassoziierung bleibt den Schweizer Mobilitätsstudierenden jedoch der Zugang zu vielen Infrastrukturen von Erasmus+, welche einen essentiellen Beitrag an diese Vorteile der internationalen Mobilität leisten, verwehrt.
Die Übergangslösung bedeutet weiterhin Unsicherheit für Studierende und Schweizer Hochschulen sowie massiven administrativen Mehraufwand für letztere. Der Bund wälzt damit das Problem auf die Schweizer Hochschulen ab. Versprach dieser ursprünglich, die Ratifikation des Kroatien-Protokolls brächte die Lösung, wurden nun die Studierenden und Hochschulen im Stich gelassen. Die Botschaft des Bundesrates vom 27. April zu Verbesserungsvorschlägen für die Übergangslösung bringt kaum Fortschritte und ignoriert viele der angesprochenen Probleme der Betroffenen.
Für die JCVP Schweiz ist daher klar, dass die aktuelle Unsicherheit nicht zu Lasten der Chancen junger Schweizerinnen und Schweizer gehen darf. Daher fordert die Junge CVP Schweiz als weiteres Vorgehen vom Bundesrat:
- Der Bundesrat soll wie versprochen die Verhandlungen mit der europäischen Kommission über eine erneute Vollaussoziierung der Schweiz an das europäische Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport (Erasmus+) umgehend wieder aufnehmen.
- Die Übergangslösung muss dahingehend verbessert werden, dass Sicherheit für die Finanzierung des Austausches Schweizer Mobilitätsstudierender herrscht.
- Der Bundesrat muss Rahmenbedingungen schaffen, die für die Schweizer Hochschulen, deren Partner in Europa und die Mobilitätsstudierenden aus und in der Schweiz Rechtssicherheit garantieren.
- Der Bund soll den mangelnden Zugang Schweizer Mobilitätsstudierender zu Infrastrukturen im Rahmen von Erasmus+ angemessen kompensieren, um die Chancengleichheit Schweizer Studierender im europäischen Bildungsraum sicherzustellen.
- Der Bund soll im Rahmen seiner Verhandlungsagenda mit der Europäischen Union und seinen strategischen Partnern in Europa den Bedürfnissen junger Schweizerinnen und Schweizer in Ausbildung die nötige Priorität zukommen lassen und sich bei diesen dafür einsetzen, dass die verlorenen Partnerdestinationen zurückgewonnen, die reduzierten Kontingente für Schweizer Mobilitätsstudierende an allen Standorten in Europa aufgehoben und der Zugang zu den Infrastrukturen für Mobilitätsstudierende im Austausch wiedergewonnen werden.
- Der Bund muss die Schweizer Hochschulen bei der internationalen Mobilität im Rahmen der Übergangslösung administrativ entlasten und sie angemessen über ihre Möglichkeiten und die Garantien für ihre Partneruniversitäten im Rahmen der Übergangslösung orientieren.
- Der Bund muss die nötige Infrastruktur entwickeln, um Projekte und Inhalte von Schweizer Hochschulen eine gleichwertige internationale Transparenz wie im Rahmen des Erasmus+-Programms zu ermöglichen, um den Wert des internationalen Bildungs- und Forschungsstandorts Schweiz nicht weiter zu gefährden.
- Der Bundesrat soll frühzeitig die Verhandlungen über eine Vollassoziierung an das Nachfolgeprogramm zu Erasmus+ ab 2021 einleiten, um spätestens ab 2021 Rechtssicherheit für Schweizer Studierende und Hochschulen garantieren zu können.